Veröffentlicht vor 4 Jahren • veröffentlicht von Teresa Schäppi

Wo ein Wille ist, da ist auch ein Tanzweg

«Ich wollte einfach tanzen!», sagt Ronit Bollag mit einem Lachen. Sie interessierte sich für den israelischen Volkstanz und war auf der Suche nach einem Kurs, denn bis zu diesem Zeitpunkt war sie nicht wirklich tänzerisch unterwegs. In der Schweiz gab es damals im Jahr 1983 kein Angebot für solch einen Tanz-Chug und ob die Nachfrage überhaupt da war, darüber wusste Ronit logischerweise nicht Bescheid. Sie wusste nur, dass sie tanzen will und genau dann fiel ihr ein Flyer mit einem Tanzworkshop in London in die Hände. Dass sie aber ein Jahr später mit dem ersten Kurs mit 50 Tanz-Interessierten beginnen würde, ja das hätte sie sich nicht erträumen können.

 

Als Mutter zweier Kinder (damals waren sie 3 und 5) musste sie sich irgendwie arrangieren, damit sie für fünf Tage in die Hauptstadt des Vereinigten Königreichs reisen konnte, um endlich den langersehnten Tanz zu lernen. Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg und zum Glück gab es Familienmitglieder, die sie unterstützen konnten. Endlich in London angekommen, tauchte Ronit in eine neue Welt ein und wusste, sie hat das gefunden, wonach sie suchte. Sie lernte Basistänze und konnte jegliche Schritte und Choreografien mit nachhause nehmen, um zu üben.

 

Dann im Januar 1984 war es so weit, sie startete den ersten Anfängerkurs. Damals übernahmen aber zwei junge Mädchen des Haschomer Hatzair den Unterricht. So war es Ronit möglich, sich um alles drum herum zu kümmern. Nach und nach kamen immer mehr interessierte Tänzerinnen und Tänzer und plötzlich erwachten in der ganzen Schweiz Tanzkurse. Man kann also gut sagen, dass Ronit den Tanzstein ins Rollen gebracht hat.

 

In diesen 36 Jahren besuchte sie zahlreiche Workshops, traf auf berühmte israelische Tanzleiter, erweiterte ihr Netzwerk und lernte immer mehr dazu. Dank dieser Community konnte Ronit Choreografen in die Schweiz einladen und so Abwechslung in die Tanzkurse bringen. «Ja, der israelische Volkstanz hat sich schon auch verändert», erzählt sie und führt gleich fort «früher war es mehr traditionell und heute wird alles viel schneller und poppiger. Das ist ja auch gut, aber mir persönlich gefallen die alten Volkstänze besser» strahlt sie und man spürt, wie der Tanz ihr Leben und sie verändert hat. Ob sie, wenn sie nochmals in der Zeit zurückgehen könnte, die Ausbildung zur Tanzlehrerin machen würde, frage ich sie. Ronit überlegt ein bisschen und antwortet dann: «Das habe ich mich schon einmal gefragt. Aber nein, eigentlich nicht. Für mich war alles gut so, wie es gekommen ist.» Sie erzählt mir auch, wie sie damals Kassetten über Kassetten schwer tragen musste und ganze Nachmittage an Vorbereitung investierte, damit alle Bänder am richtigen Ort positioniert waren für die Tänze. Später mit den MiniDiscs, CDs und nun wo alles digital verfügbar ist, wurde es einfacher. Sie war und ist nicht nur Organisatorin des heute „Machol Zürich“ genannten Tanz-Kurses, sondern auch eine Art DJ, wenn man das so sagen darf. Über 4000 choreografierte Lieder hat sie bei sich lokal gespeichert und kennt viele davon auswendig.

 

Dass der Tanz-Chug seit so vielen Jahren besteht, verdankt Ronit dem immerwährenden Interesse und der Treue ihrer MittänzerInnen, von denen einige seit dem ersten Tag dabei sind. Und um der wachsenden Nachfrage gerecht zu werden, engagieren sich einige KollegInnen auch im Unterricht.

 

Für den israelischen Volkstanz braucht es keine besonderen Vorkenntnisse, der Tanz ist für alle. Er soll Freude bereiten und Menschen zusammenbringen, das ist das Wichtigste. «Als das Festival ‚Zürich tanzt’ stattgefunden hat, habe ich gemerkt, wie zahlreich wir sind. Da kamen so viele zusammen und wir haben ohne Proben zu müssen, den israelischen Volkstanz aufführen können: Weil jeder die Basisschritte kennt, ob Anfänger oder Fortgeschrittene. So schön, nicht wahr?»

 

Ronit Bollag hat in diesen vielen Jahren eine Gemeinschaft geschaffen, wo jeder kommen, tanzen und einfach mal für einen Augenblick alles hinter sich lassen kann. Und wer es schon immer mal ausprobieren wollte, am 7. Januar 2020 startet ein neuer Beginner-Kurs. Die bisherigen Tanzkurse werden natürlich fortgeführt.

 

Jeweils dienstags in der ICZ:

  • Beginner 1: 18 bis 19 Uhr
  • Beginner 2: 19 bis 20 Uhr
  • Mittlere: 18 bis 19 Uhr
  • Mittlere / Fortgeschrittene: 19 bis 22 Uhr

 

Info und Anmeldung: bollagronit@gmail.com

 

 

Interview: Teresa Schäppi