Veröffentlicht vor 5 Jahren • veröffentlicht von Teresa Schäppi

Michel Bollag – Über ein viertel Jahrhundert in der ICZ

Es sind rund 27 Jahre, die Michel Bollag zusammengerechnet in der ICZ verbracht hat. Dass er so lange der Gemeinde treu bleiben würde, daran hat er im Jahr 1974 wahrscheinlich nicht gedacht.

Wir sitzen in der Küche im dritten Stock des Gemeindezentrums und trinken zusammen Kaffee, während er mit seinem sympathischen französischen Akzent von seinen Anfängen in der ICZ erzählt.

 

Begonnen hat er im Unzgi mit einer Klasse am Zollikerberg, als damals der Schulbeginn noch im Frühling war. Früher war der Unzgi auf verschiedene Standorte verteilt, bevor er im Gemeindezentrum zusammengeführt wurde. Erlebt und gesehen hat er viel in diesen Jahren. Schöne und bereichernde Momente gab es und doch ein steter Begleiter war die Sorge, dass das Konzept «Einheitsgemeinde» in der sich zunehmend verändernden und modernisierenden Welt zu einem Auslaufmodell werden könnte. «Was ich nach so einer langen Zeit für mich mitnehme? Es ist die Freude und Erfüllung zugleich, dass ich mehrere Generationen auf ihrem Weg in der Gemeinde begleiten durfte. Solche, die geblieben, andere die neu hinzugekommen und jene die ausgetreten und zurückgekehrt sind. Ich glaube nach wie vor an die Gemeinde und sehe, wie sie wächst. Wichtig ist, dass wir in die jüngeren Generationen investieren aber auch die ältere nicht vergessen dürfen. Wir müssen Brücken bauen zwischen alt und neu, in jeder Hinsicht» sagt er etwas nachdenklicher während er den Kaffeebecher betrachtet und mit beiden Händen umfasst.

 

Wer schon mal mit ihm zusammenarbeiten durfte weiss, dass er mit seinen Händen und Füssen spricht. Ja, Stillsitzen bzw. stehen bleiben fällt ihm schwer. Darum hat er auch während seiner Tätigkeit als Assistenz von Rabbiner Dr. Zalman Kossowsky das Zürcher Lehrhaus (heute Zürcher Institut für interreligiösen Dialog) aufgebaut. Dies war auch der Grund für seine «Pause» von der ICZ. Fünfzehn Jahre widmete er vollumfänglich dem Lehrhaus, bis er dann im Frühling 2017 eigentlich in Pension gehen sollte. Sollte … aber Michel, der aktive, der begeisterte Wissensvermittler wurde von der ICZ um Unterstützung für das Rabbinat angefragt. Und so wie er ist, konnte er nicht nein sagen, auch weil er einfach loyal ist. «Ich habe der ICZ meine ganze Karriere zu verdanken, besonders dreien Personen: Sigi Feigel s.A., dessen visionären Geist mich inspiriert hat, Rita Marx s.A. und Meir Brom, die mich immer unterstützt haben», erzählt Michel mit ruhiger und gerührter Stimme.

 

Die letzten zweieinhalb Jahre waren intensiv und wie die ICZ auch manchmal sein kann, wie ein Wirbelwind. Früher hat er viel meditiert und sogar Meditationskurse im Gemeindezentrum angeboten, um den manchmal so chaotischen Tagen mehr Ruhe zu verleihen. Federführend war er zuletzt für das MIZPE Programm in Zusammenarbeit mit diversen Referenten aus der ICZ sowie internationale Gastrednern. Worauf er sich freut, sobald er in seinen wohlverdienten Ruhestand tritt, frage ich ihn. Seine grau-blauen Augen werden etwas grösser, sein Lächeln breiter, entspannt lehnt er sich in die Rücklehne und faltet die Hände hinter dem Kopf zusammen: «Jaaa, es ist ganz einfach: die Zeit. Zeit, über die ich selbst bestimmen kann für Lesen, Reisen, Theater, Musik, Filme und natürlich für meine Familie und ganz besonders meine Enkel.»

 

Aber ganz aufhören, das wird unser Michel Bollag nie so ganz. Denn für das ist und bleibt er zu gerne aktiv: Der Wissensvermittlung wird er sein Leben lang treu bleiben.

Alles Gute von uns, lieber Michel.

 

 

Interview: Teresa Schäppi